Herzlichen Glückwunsch zum 100. Geburtstag
Die Stadt Wolfenbüttel gratuliert Laura Eppy herzlich zum 100. Geburtstag am 27. März 2021. Zusammen mit ihrem Vater, dem bekannten Wolfenbütteler Arzt Dr. Siegfried Kirchheimer, floh die damals 17-jährige Lore vor der nationalsozialistischen Verfolgung in die Vereinigten Staaten von Amerika und lebt bis heute in ihrer Wohnung in New York. Bürgermeister Thomas Pink übermittelte jetzt Glückwünsche an die gebürtige Wolfenbüttelerin.
Am 17. November 1938 war Lore Kirchheimer, geboren 1921, an Bord des Linienschiffes „SS Manhattan“ von Bremerhaven aus in See gestochen. Ein einmaliges Fotodokument von der Überfahrt befindet sich in der Dauerausstellung des Bürger Museums Wolfenbüttel und zeigt sie zusammen mit ihrem Vater an Deck des Schiffes. Die Tragik: Lore Kirchheimer konnte die Flucht über den Atlantik zu diesem Zeitpunkt nur mit ihrem Vater antreten. Erst beim Abholen der Visa im amerikanischen Konsulat in Hamburg wenige Tage vor der Abfahrt hatte Dr. Siegfried Kirchheimer erfahren, dass die Ausreisegenehmigungen für seine Ehefrau und die beiden weiteren Kinder verwehrt worden war.
Die Vorgeschichte: Nach dem Terror durch das NS-Regime und dem Entzug der wirtschaftlichen Grundlage hatte die jüdische Wolfenbütteler Familie Kirchheimer seit Sommer 1938 bei Verwandten in Bad Driburg gelebt. Dort warteten sie auf die Ausreisegenehmigung für die gesamte Familie in die USA. Erst 1941, unmittelbar bevor die Ausreise für alle Jüdinnen und Juden aus Deutschland verboten wurde und Deportationen in die Vernichtungslager begannen, konnten die übrigen drei Familienmitglieder Deutschland verlassen und nach New York folgen.
Die Familie Kirchheimer nahm nach Ende der nationalsozialistischen Herrschaft trotz der traumatischen Verfolgungsgeschichte den Kontakt zur ehemaligen Heimatstadt auf. Lore Kirchheimer heiratete später in den USA und nennt sich heute Laura.
Viele persönliche Dokumente der Wolfenbütteler Familie Kircheimer waren bereits vor vielen Jahren dem Museum Wolfenbüttel übergeben worden. 2018 beschäftigten sich Schülerinnen und Schüler des elften Jahrgangs der Henriette-Breymann-Gesamtschule im Bürger Museum mit dem Teilnachlass der Familie Kirchheimer und zeichneten im Rahmen des mehrmonatigen Projektes die Verfolgungsgeschichte nach. Anlässlich der Gedenkveranstaltung zum 80. Jahrestages der Pogromnacht 1938, als auch die Synagoge in Wolfenbüttel niedergebrannt worden war, zeigten die IGS-Schülerinnen und Schüler in einer Großvitrine des Museum Telegramme, die in der Zeit der jahrelangen Trennung zwischen den Familienmitgliedern Kirchheimer verschickt worden waren, persönliche Fotos, Briefe Siegfried Kirchheimers, Glückwünsche des damaligen US-Präsidenten Ronald Reagan und viele weitere persönliche Dokumente.
Die acht IGS-Schülerinnen und Schüler schrieben Laura Eppy zum Abschluss des Projektes einen rührigen Brief und schickten Fotos mit. Laura Eppy bedankte sich herzlich und übersandte ebenfalls Fotos.
Eine Hörstation in deutscher und englischer Sprache, die Biografie Siegfried Kirchheimers auf dem Tablet und persönliche Dokumente, wie das Foto von der Überfahrt, die originale Hausnummer der Praxis und zugleich des Wohnhauses und das originale Telegramm nach Besuch des US-Konsulats in Hamburg 1938, dokumentieren die Verfolgungsgeschichte der Familie Siegfried Kirchheimer in der Dauerausstellung des Bürger Museums.
Bürgermeister Thomas Pink, der Laura Eppy ebenfalls persönlich kennt und viele Gespräche mit ihr führte, wünscht ihr alles Gute zu diesem Geburtstag. Ganz sicher auch im Namen vieler Wolfenbüttelerinnen und Wolfenbütteler, die Laura Eppy ebenfalls bei ihren zahlreichen Besuchen in Wolfenbüttel begegnet sind.
Laura Eppy hätte ihren runden Geburtstag gerne auch mit ihrem Bruder Hans Kirchheimer gefeiert, dieser ist aber leider am 28. Februar 2021 im Alter von 98 Jahren verstorben.