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Datum: 18.06.2021

Protokollauszug der ersten Ratssitzung am 29. April 1945

Wenige Tage nach dem Einmarsch US-amerikanischer Truppen kamen ehemalige Sozialdemokraten, Kommunisten, Gewerkschafter und bürgerliche Honoratioren zusammen, um am kommunalpolitischen Neuanfang mitzuwirken.

Auf dem Bild ist ein großer handschriftlicher Zettel zu sehen. Es handelt sich um ein Sitzungsprotokoll vom ersten Treffen Wolfenbütteler Politiker nach Ende des Zweiten Weltkrieges. Es fand am 29. April 1945 statt. © Stadt Wolfenbüttel
Die erste Sitzung von Wolfenbütteler Honoratioren nach Kriegsende, 29. April 1945.

18 Tage nach Kriegsende fand die erste Sitzung eines sechsköpfigen Gremiums statt: Außer Bürgermeister Mull nahmen die SPD-Mitglieder Otto Rüdiger und Walter Heise, der Kommunist Friedrich Klages, Kaufmann Curt Mast und Bankier Friedrich Bartels an der Runde teil. Mast und Bartels zählten wenig später zu den Gründungsmitgliedern der Christlich Demokratischen Union Deutschlands (CDU) in Wolfenbüttel.

Auf der Tagesordnung standen die Finanzlage der Stadt, die Ernährungslage, das Ingangsetzen der Müllabfuhr, das Zuschütten der Splittergräben, Stellenbesetzungen im Rathaus und Umbenennung von Straßennamen wie der Adolf-Hitler-Straße in Neuer Weg.

Ein Faksimile der ersten Seite des handschriftlichen Ratsprotokolls vom 29. April 1945 ist im Bürger Museum Wolfenbüttel ausgestellt.

Der Text lautet:




Ratssitzung vom 29. April 1945

Anwesend: Bürgermeister Mull, die Beigeordneten Bartels, Heise, Klages, Rüdiger, Mast

Punkt 1, Allgemeines: Bürgermeister Mull führte einleitend aus, daß die jetzige Zeitspanne in der Verwaltung ein Übergangsstadium darstellen und bis zum Erlaß neuer Gesetze nach den bisherigen Bestimmungen weiterzuarbeiten sei.

Die Beigeordneten werden von Bürgermeister Mull durch Handschlag zur gewissenhaften Erfüllung ihre Amtshandlungen verpflichtet.

Punkt 2, Finanzlage: Bgm. Mull gab einen Überblick über die Finanzlage der Stadt. Zurzeit sei im ordentl. Haushalt ein Fehlbetrag von ca. 184.000 RM vorhanden. Im außerordentlichen Haushalt sei ein buchmäßiger Überschuß von 419.000 RM vorhanden. Mit dessen Hilfe seien die gesetzlich geregelten Unterstützungen geregelt worden, auch Löhne und Gehälter bis zirka Juni 1945. Für das nächste Vierteljahr sein eine Summe von rd. 130.000 RM nötig (1.7. - 30.9.1945).

Da im Augenblick nicht feststeht, welche Rückstellungen an Fürsorgemitteln und welche Überweisungssteuern vom Reich fließen werden, wird der Bürgermeister ermächtigt, zur Deckung der laufenden Ausgaben einen Kredit in der notwendigen Höhe aufzunehmen.

Punkt 3, Versorgungslage: Der Bürgermeister berichtete über die außergewöhnlich schwere Lage auf dem Gebiet der Versorgung der Bevölkerung mit den Gütern zur Sicherstellung der Ernährung. Obwohl die in Betracht kommenden Kreise bei der Erfassung und Heranschaffung von Lebensmitteln …